Eine eher anstrengende Party

Über noch mehr kulturelle Differenzen, erste Hilfe-Versuche und warum Moritz fast verprügelt worden wäre....

Moritz und ich wurden auf eine Feier in Same (ein Strand in der Nähe) eingeladen - chevere! Dort gibt es einen Riesenkomplex (Casa Blanca) aus vielen schönen Apartments mit Pool und so weiter und so fort. 

Ein Schüler aus meinem Deutschkurs (Andres) hat uns netterweise mitgenommen, auch wenn wir nicht viele Leute kannten. 

Wir waren relativ früh da und es war noch nichts los. 

Da ich meinen entzündeten Mückenstich an meinem Bein (knallrot und so groß wie meine Hand) mit Antibiotika und anderen Tabletten behandelt habe, war ich sehr müde.

Also legte ich mich in einem der Zimmer schlafen, während die anderen tranken und unten am Pool waren.

So kurz nach 11 hörte ich Geschrei: Etwas in die Richtung "Hier in Ecuador respektiert man die Frauen!". Meine innere Feministin überlegte kurz aufzustehen und mitzumischen. 

Ich entschied mich aber (leider) dagegen.

Hätte ich gewusst, was draußen los war, wäre ich sofort rausgelaufen - aber dazu später mehr.

Um halb 12 kam Andres und meinte im Nebenzimmer läge ein Typ der total betrunken sei und ich solle aufpassen, dass er nicht das Zimmer verlässt und im Pool ertrinkt.

Wenig später hörte ich würgende Geräusche.

Besorgt (könnte daran ersticken), da ich nicht wusste ob die Person bei Bewusstsein war, ging ich zusammen mit Rolo rüber, um nachzusehen.

Eine sehr gute Entscheidung, wie sich herausstellte.

Er war vom Bett gestürzt und lag mit dem Gesicht voller Erbrochenem auf dem Boden.

Leider war er sehr groß und schwer, wir schafften es zu zweit nur, ihn hinzusetzen. 

Ich wischte sein Gesicht sauber und wir versuchten mit ihm zu reden.

Er war zwar nicht bewusstlos aber eben auch nicht ansprechbar!

Zum Glück kamen in dem Moment Andres, Moritz und der Bruder von Rolo, Philippe. 

Zusammen schafften wir es, ihn auf das Bett zu heben.

Moritz und ich versuchten ihn in die stabile Seitenlage zu bringen.

Gar nicht mal so einfach wie in der Fahrschule.....

In  der Theorie, klar - easy!

Aber so im echten Leben wollen die Leute das gar nicht. 

Unser "Opfer" hat sich immer wieder umgedreht, sein Bein ausgestreckt oder sich einfach zur Seite geworfen. 

Ich war wirklich etwas verzweifelt, denn so konnten wir ihn ja auch nicht lassen! 

Moritz sah auch ziemlich fertig aus.

Philippe meinte nur er hätte ihn vor einer Schlägerei gerettet. Ich dachte mir nur "Das kann doch nicht wahr sein, lasse ich ihn einmal alleine".

Doch als ich die Geschichte hörte, konnte ich Moritz nur zustimmen!

Ein Mädchen hatte die ehrenhafte Idee,  den betrunkenen Typen zu filmen und es auf Facebook und Snapchat zu posten (ohne Witz!).

Moritz fand das natürlich gar nicht okay und meinte ruhig zu ihr "borra ese video putamadre" - übersetzt "lösch dieses Video"

Putamadre ist eine Beschimpfung.

Dabei muss man allerdings wissen, dass solche Flüche in Esmeraldas normalerweise keine Beleidigung darstellen, sondern mehr zur Umgangsform zählen. 

Er hatte auch nicht die Intention sie damit zu beleidigen (glaubt mir, wenn er das gewollt hätte, hätte er ganz andere Sachen gesagt #fluchenkönnenwir) 

Ganz im Sinne des Machismo hatte das Mädchen nichts besseres zu tun, als rauszulaufen und zu sagen "Der Typ hat mich beleidigt!! (och, die Arme)

Daraufhin sind natürlich direkt vier Schränke aufgestanden, bereit die Ehre des Mädchens zu retten und Blut zu sehen. (In Ecuador respektieren wir die Frauen)

Moritz hat natürlich keinen Fehler bei sich gesehen und schon etwas getrunken.

Ich war daher sehr dankbar, dass Philippe ihn schnell am Arm genommen und da rausgezogen hat bis sich alle beruhigt hatten.

Ein weiteres Beispiel was für einen Schaden Machismo anrichten kann und wie sehr wir (und nicht"man") auch hier eine völlige Gleichberechtigung anstreben sollten!

In Deutschland (hoffe ich zumindest) hätte das Mädchen das direkt mit ihm geklärt. 

Er war ja weder aggressiv noch gewalttätig.

Zum Glück sind die Ecuadorianer nicht sehr nachtragend... Wir sind runtergelaufen, um die Freunde von dem betrunkenen Typen zu finden.

Wenig später war der Vorfall schon wieder vergessen und wir haben unten am Pool gefeiert.